Kompositorische Rezeption der Musik Anton Weberns
Die Wirkung der Musik Anton Weberns auf spätere Komponistengenerationen bleibt einer der spannenden, weil kontroversen Fällen der Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts. Insbesondere in den 1950er Jahren erfuhr Weberns Werk eine Resonanz, die in ihrer Breite und Tiefe als Sonderfall in der kompositorischen Rezeptionsgeschichte bezeichnet werden muss. Die Bezeichnung der zu dieser zeit dominierenden Tendenz westeuropäischer Musik als "Postwebernismus"entspricht partiell der tatsächlichen Bedeutung der Musik Weberns für die damals sich entwickelnden Grundlagen des seriellen Denkens. Gleichwohl sind bis heute, trotz der beträchtlichen Quantität und Qualität wissenschaftlicher Studien, die vor allem seit den 1990 Jahren enstanden sind, mehrer grundsätzliche Aspekte dieser Rezeption nicht adäquat erforscht worden.
Das Forschungsprojekt, das vom Schweizerischen Nationalfonds gefördert wird, zielt auf eine detaillieret und systematische Untersuchung der kompositorischen Webern-Rezeption (d.h. der Wirkung seines Werkes auf die Produktion späterer Werke) in mehreren Regionen – Westeuropa, USA und Osteuropa – und in verschiedenen Zeiträumen. Obwohl sich die aufschlussreichsten Entwicklungen in den 1950er und 1960er Jahren zeigen, bleiben die zeitlichen Grenzen der Forschung offen, da im Fall der ebenfalls zu untersuchenden Rezeptionen zu Lebzeiten seitens der Studenten Weberns (wie beispielsweise Hanns Eisler und Stefan Wolpe) Erkenntnisse zu erwarten sind, die bereits den 1920er und 1930er Jahren entstammen. Ausgangshypothese ist dabei, dass dbei einer solch ort- und zeitübergreifenden Forschung die ausserordentliche Vielfalt der Wirkung Weberns auf die folgenden Komponistengenerationen deutlich zum Tragen kommen und dabei das Webern-Bild in der Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts insgesamt neu beleuchtet wird. Insbesondere wird sich durch eien breite Sichtweise die bislang im Zentrum der akademischen Forschung stehende Rezeption von Seiten der Darmstädter Schule neu einordnen, d.h. relativieren lasse.
Das Projekt profitiert von einer engen Zusammenarbeit mit der Paul Sacher Stiftung ( wo die Handschriften mehrerer im Zentrum des Vorhabens stehender Komponisten aufbewahrt werden) und versteht sich als begleitende Forschungsaktivität zu der am Musikwissenschaftlichen Seminar der Universität Basel bereits etablierten Ausgabe der Sämtlichen Werke Weberns. Die Ergebenisse der untersuchung werden am Ende des Projekts in drei verschiedenen Publikationen zusammengefasst und dargestellt; einer monographischen Studie, dem bericht eines in Basel zu veranstaltenden internationalen Symposiums und eines Sammelbands mit Kompositionsgesprächen.
Projektleitende | Matthias Schmidt, Simon Obert |
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Mitarbeitender | Pietro Cavallotti |
Internationales Symposium, 24. bis 26. November 2011
Die kompositorische Rezeption Anton Weberns ist auf Grund ihrer ausserordentlichen Bedeutung für die Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts ein häufig diskutiertes und nach wie vor kontroverses Thema. Das Symposium zielt auf eine erneute und möglichst umfassende Darstellung der zentralen Impulse, die Weberns Musik über mehrer Jahrzehnte und in verschiedenen geographischen Regionen auf das Schaffen anderer Komponisten ausgeübt hat.
Nach einer ersten Sitzung über die Wirkung von Weberns Musik auf seine Zeitgenossen folgen unter den Begriffen "Struktur", "Reduktion" und "Klang" drei systematische orientierte Perspektiven zu Weberns Einfluss auf spätere Komponistengenerationen. Diese betreffen eben nicht nur die strukturelle Dimension seiner Musik (die mit Sicherheit bei den Darmstädter Ferienkursen der 1950er Jahre im Mittelpunkt des Interesses für Webern stand und das Webern-Bild auf Jahrzehnte hin entscheidend, aber auch eingehend geprägt hat), sondern auch ihre Kürze und ihre leise, von Pausen durchbrochene musikalische Gestalt, sowie die klanglichen Eigenschaften seiner Tongebilde.
Insgesamt werden somit Berührungspunkte und Differenzen der Webern-Rezeption in Europa und in den USA behandelt und dabei ein breites Spektrum von verschiedenen Komponisten, muskalischen Tendenzen und Einzelfällen thematisiert, das auch die Grenzen der sogenannten Avantgarde-E-Musik überschreitet.
Veranstalter
Musikwissenschaftliches Seminar, Universität Basel
Mit freundlicher Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds und der Freiwilligen Akademischen Gesellschaft, Basel.
In Zusammenarbeit mit der Hochschule für Musik der Musik-Akademie der Stadt Basel.
Hier können Sie einige Eindrücke und Rückblicke auf die drei intensiven Tage des Symposiums über die kompositorische Rezeption der Musik Anton Weberns im 20. Jahrhudnert einsehen.
Im Zusammenhang mit dem Symposium und der Forschung über die Musik Anton Weberns am Musikwissenschaftlichen Seminars in Basel erschienen folgende Zeitungsartikel:
- Sigfried Schibli: "Ein Stück Wiener Moderne in Basel. Wie Basel zur Anton-Webern-Stadt geworden ist", Basler Zeitung, 15.11.2011, S. 39.
- Christian Fluri: "Anton Weberns epochales Werk hat in Basel ein Zuhause", Basellandschaftliche zeitung, 24.11.2011, S. 24.
Richtigstellung zu diesem Artikel:
- Pietro Cavallotti hat am Projekt Webern-Rezeption, dessen "Krünung" das Anton Webern Sympsoium war, zwei und nicht zehn Jahre gearbeite.
- Das Projekt über Anton Weberns Orchesterstücke führt Manuel Strauß und nicht Pietro Cavallotti durch.
- André Fatton; "Auch eine zweistündige Collage konnte Anton Webern nicht entwirren", Basellandschaftliche Zeitung, 29.11.2011, online.