75 Jahre Philosophie der neuen Musik: ein aktueller Blick

Schönbi

Was macht das Besondere an Theodor W. Adornos 1949 erschienener Philosophie der neuen Musik (Tübingen: J. C. B. Mohr) aus? Adorno gesteht der Musik die Fähigkeit zu, vermittelt durch Kompositionen auch gesellschaftliche Probleme zu spiegeln. Eine "Philosophie" mit der Absicht, die Welt zu ergründen, zu deuten und zu verstehen, ist die Abhandlung nach Adornos Massstäben deshalb, weil sie sich nicht damit begnügt, eine abstrakte Theorie zu formulieren, sondern es ihr im Wesentlichen darum geht, konkrete Musik selbst analytisch zu erörtern und zu kritisieren. Trotz mancher, sich hieraus ergebender blinder Flecken und mitunter fehlsichtiger Perspektiven machen zwei Aspekte die Philosophie der neuen Musik immer noch und weiterhin zu einem lohnenden Referenzobjekt: Zum einen hat die enorme Wirkung auf die zeitgenössische Avantgarde Europas nach dem Zweiten Weltkrieg sie tief und unauslöschlich in die Musik- und Kompositionsgeschichte eingeschrieben. Zum anderen ist sie auch heute noch in ihrer unerreichten Radikalität einer Engführung von philosophisch-historischem Denken und konkreter Musik eine Provokation, die methodisch und inhaltlich zu Debatten anregt.

Das Forschungsprojekt als Kooperationprojekt der Universitäten Basel und Gießen aus Anlass des 75-jährigen Erscheinens der Philosophie der neuen Musik 2024 will eine Diskussion anstossen. Ziel ist die Dokumentation aller erreichbaren Sekundärquellen zur Philosophie, eine Kommentierung von Daten und Fakten des Haupttextes und eine zugleich notwendig neu perspektivierte, kritische Durchdringung des gesammelten Datenmaterials. In diesem Rahmen soll (mithilfe einer internationalen Tagung) eine Buchpublikation auf den Weg gebracht werden, mit der der musikbezogene Text anschlussfähig an die aktuellen Diskurse zur neuen Musik in den Geschichtswissenschaften und der Philosophie gemacht und zugleich eine musikwissenschaftliche Neueinordnung des Buches innerhalb der Adorno- und Moderne-Forschung ermöglicht werden soll.
 

Kontakt:

Prof. Dr. Matthias Schmidt (matthias.schmidt@clutterunibas.ch)
Universität Basel
Musikwissenschaftliches Seminar
Petersgraben 27
CH - 4051 Basel

Prof. Dr. Matteo Nanni (matteo.nanni@cluttermusik.uni-giessen.de)
Justus Liebig Universität Gießen
Institut für Musikwissenschaft und Musikpädagogik
Karl-Glöckner-Straße 21D, Raum 04
D - 35394 Gießen

Wissenschaftlicher Mitarbeiter:
Nicolai Rhyn (nicolai.rhyn@clutterunibas.ch)