Projekt Evgenij Gunst
Im Frühling 2010 wurde im Keller des Musikwissenschaftlichen Seminars der Universität Basel der Nachlass des russischen Komponisten Evgenij Gunst entdeckt, der auf abenteuerliche Weise dorthin gelangt war und über ein halbes Jahrhundert lang unbeobachtet in zwei ramponierten Umzugskartons in der hintersten Ecke des Archivraumes gelagert war. Evgenij Gunst (1877–1950) wurde als Sohn eines deutschstämmigen Vaters in eine reiche Moskauer Familie hineingeboren und war zu seiner Zeit ein angesehener und in mancher Hinsicht impulsgebender Künstler des vorrevolutionären Russland, der mit den wichtigsten Persönlichkeiten der russischen Musikszene verkehrte u. a. war er enger Vertrauter des russischen Komponisten Aleksandr Skrjabin). Nach den Revolutionswirren emigrierte er 1920 über Estland nach Frankreich (Paris). Obwohl er sich im Pariser Exil zeitlebens im kulturellen Umfeld betätigte – u. a. als Mitbegründer des Conservatoire russe in Paris – verstarb er dort 1950 verarmt und unbekannt. Heute taucht sein Name in fast keiner Enzyklopädie zur russischen Musik auf. Seine Biographie scheint aus dem allgemeinen Bewusstsein ebenso gelöscht wie aus der offiziellen Musikgeschichte.
Mit der Ausstellung "Fundstücke eines Lebens. Der Komponist Evgenij Gunst", die im Juni 2011 im Museum Kleines Klingental in Basel zu sehen war, startete ein Forschungsprojekt am Musikwissenschaftlichen Seminar, das mittelfristig auf eine ausführliche Dokumentation der wissenschaftlich bedeutenden Gunst-Fundstücke und ihrer Geschichte zielt, in die auch Forschungsergebnisse aus der Zusammenarbeit mit Archiven in Moskau, Paris und Washington miteinbezogen werden sollen. Dabei sollen Ausgangspunkte für mögliche weitere Kooperationen entstehen, die wiederum Perspektiven für weiterführende Lern- und Forschungsaktivitäten (etwa Master- und Dissertationsprojekte) eröffnen sollen.
Der Komponist, Dirigent und Pädagoge Euvgnij Gusnt ist nach seinem Tode 1950 aus dem allgemeinen Bewusstsein ebeso vollstädnig getilgt worden wie aus den Annalen der Musikhistoriographie. Sein Nachlass wurde im Musikwissenschafltichen Seminar Basel gefunden. Gunsts Witwe hatte ihn zu Beginn der 1950er Jahre in Basel in der Hoffnung deponiert, hier einen angemessenen Ort für die Erforschung seines Werkes finden zu können; eine Hoffnung, die über 60 Jahre lang unerfüllt blieb.Die methodologischen und didaktischen Chancen eines solchen Fundes bildeten jedoch den Anlass für das Musikwissenschaftliche Seminar, eine Ausstellung und eine Broschürenpublikation zu Eugen Gunst vorzubereiten. In der Ausstellung wurde nicht nur der Versuch unternommen, Gunsts Leben zu rekonstruieren und sein Komponieren zu verlebendigen, sondern vor allem auch, die Darstellbarkeit des Erinnerns an ein Leben exemplarisch zu reflektieren.
Studierende des Institus hatten bereits in einer Übung des Herbstsemesters 2010 die Grundlagen zur Erschliessung des Nachlasses gelegt, welche im Frühjahrssemester 2011 in die gemeinsame Konzeption der Ausstellung eingeflossen sind. Auch an der Broschürenpublikation waren Studierende mit kleineren Beiträgen beteiligt.
Die Ausstellung:
Die Vernissage fand am 7. Juni 2011 im Museum Klingental statt, die Ausstellung war bis zum 7. Juli 2011 öffentlich zu besichtigen. Parallel dazu sollte eine Broschüre die Vielfalt der Künstlerexistenz zu Gunst dokumentieren und diskutieren. Darüber hinaus wurde die Ausstellung durch Konzerte begleitet, welche die Musik Gunsts in ihren Mittelpunkt stellte.